Mittwoch, 25. Februar 2015

Vom Chauffeur zum Premierminister – Die Republik Moldau hat eine neue Regierung



Zweieinhalb Monate nach den Parlamentswahlen gibt es in der Republik Moldau wieder eine Regierung. Im Rest Europas ist es wahrscheinlich nur den allerwenigsten aufgefallen, dass das Amt des Premierministers über Wochen vakant gewesen ist. Die kleine moldauische Republik war den meisten westeuropäischen Medien bislang allenfalls eine Randnotiz wert, was sich seit der Krise im Nachbarland Ukraine ein wenig geändert hat. Insbesondere seitdem die abtrünnige Region Transnistrien ihr Anliegen erneuert hat, der Russischen Föderation beitreten zu wollen. 

Auch das jüngste mediale Schlaglicht bereitet Anlass zur Sorge. Dieses Mal aus innenpolitischen Gründen. Rund 80 Tage nach den jüngsten Parlamentswahlen wurde vergangene Woche ein neuer Premierminister gewählt. Ex-Regierungschef Leanca hatte seinen Hut zwar in den Ring geworfen, die Abgeordneten der früheren Regierungsparteien verweigerten ihm aber das Vertrauen. Leancas liberal-konservative PLDM und die sozialdemokratische PD setzten das Bündnis mit der liberalen PLM nicht weiter fort. Zusammen wären sie auf 55 von 101 Stimmen im Parlament gekommen. Stattdessen gingen die beiden Parteiführer ein Bündnis mit den zuvor oppositionellen Kommunisten ein und beförderten den unbekannten Unternehmer Chiril Gaburici zum neuen Premierminister.

Die Wahl des Regierungschefs sei sehr intransparent abgelaufen und wirke beliebig, erklärte Julian Kröger, Moldau-Kenner und  Gründer der NGO Ecovisio, bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion von Ostblick am 24. Februar in Berlin. Der frühere Bundestagsabgeordnete der Grünen und stellvertretende Vorsitzende des Deutsch-Moldauischen Forums, Rainder Steenblock, pflichtet ihm bei und sprach von einem „Technokraten“ und „ausführenden Organ“ an der Regierungsspitze. Der ebenfalls anwesende moldauische Botschafter hielt sich bei der Bewertung der neuen Regierung zwar standesgemäß zurück, versuchte aber erst gar nicht, den neuen Premier in Schutz zu nehmen. Zu offensichtlich scheint, dass im Amtssitz des Premierministers in Chisinau quasi eine Marionette installiert worden ist, die nach der Pfeife der Oligarchen tanzen soll.

Medienberichte zufolge begann Gaburici seine Karriere als Chauffeur beim Telekommunikations-Dienstleister Moldcell und arbeitete sich von dort an die Spitze des Unternehmens hoch. In den letzten Jahren war er Geschäftsführer von Azercell in Aserbaidschan, wohin er nach einem Geldwäscheskandal entschwand. Die EU-Außenbeauftragte Mogherini beglückwünschte Gaburici zwar pflichtschuldig zu seiner Ernennung, vergaß aber auch nicht, die neue Regierung daran zu erinnern, die Reformagenda und Korruptionsbekämpfung fortzuführen – im Interesse aller MoldauerInnen. 

Ob der Reformkurs in Richtung EU beibehalten wird, ist mit der Wahl des Premierministers zumindest fraglich geworden. Die Oligarchen haben diese Runde jedenfalls für sich entschieden. Mehr Transparenz und Rechtstaatlichkeit dürfte nicht in ihrem Interesse sein.

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