Zweieinhalb Monate nach den
Parlamentswahlen gibt es in der Republik Moldau wieder eine Regierung. Im Rest Europas
ist es wahrscheinlich nur den allerwenigsten aufgefallen, dass das
Amt des Premierministers über Wochen vakant gewesen ist. Die kleine moldauische
Republik war den meisten westeuropäischen Medien bislang allenfalls eine
Randnotiz wert, was sich seit der Krise im Nachbarland Ukraine ein wenig
geändert hat. Insbesondere seitdem die abtrünnige Region Transnistrien ihr
Anliegen erneuert hat, der Russischen Föderation beitreten zu wollen.
Auch das jüngste mediale
Schlaglicht bereitet Anlass zur Sorge. Dieses Mal aus innenpolitischen Gründen.
Rund 80 Tage nach den jüngsten Parlamentswahlen
wurde vergangene Woche ein neuer Premierminister gewählt. Ex-Regierungschef Leanca
hatte seinen Hut zwar in den Ring geworfen, die Abgeordneten der früheren Regierungsparteien
verweigerten
ihm aber das Vertrauen. Leancas liberal-konservative PLDM und die sozialdemokratische
PD setzten das Bündnis mit der liberalen PLM nicht weiter fort. Zusammen wären
sie auf 55 von 101 Stimmen im Parlament gekommen. Stattdessen gingen die beiden
Parteiführer ein Bündnis mit den zuvor oppositionellen Kommunisten ein und
beförderten den unbekannten Unternehmer Chiril Gaburici zum neuen
Premierminister.
Die Wahl des Regierungschefs sei
sehr intransparent abgelaufen und wirke beliebig, erklärte Julian Kröger,
Moldau-Kenner und Gründer der NGO Ecovisio, bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion
von Ostblick am 24. Februar in Berlin.
Der frühere Bundestagsabgeordnete der Grünen und stellvertretende Vorsitzende des
Deutsch-Moldauischen Forums,
Rainder Steenblock, pflichtet ihm bei und sprach von einem „Technokraten“ und „ausführenden
Organ“ an der Regierungsspitze. Der ebenfalls anwesende moldauische Botschafter
hielt sich bei der Bewertung der neuen Regierung zwar standesgemäß zurück, versuchte
aber erst gar nicht, den neuen Premier in Schutz zu nehmen. Zu offensichtlich scheint,
dass im Amtssitz des Premierministers in Chisinau quasi eine Marionette installiert
worden ist, die nach der Pfeife der Oligarchen tanzen soll.
Medienberichte zufolge begann
Gaburici seine Karriere als Chauffeur beim Telekommunikations-Dienstleister
Moldcell und arbeitete sich von dort an die Spitze des Unternehmens hoch. In
den letzten Jahren war er Geschäftsführer von Azercell in Aserbaidschan, wohin
er nach einem Geldwäscheskandal entschwand. Die EU-Außenbeauftragte
Mogherini beglückwünschte Gaburici zwar pflichtschuldig zu seiner Ernennung,
vergaß aber auch nicht, die neue Regierung daran zu erinnern, die Reformagenda
und Korruptionsbekämpfung fortzuführen – im Interesse aller MoldauerInnen.
Ob der Reformkurs in Richtung EU
beibehalten wird, ist mit der Wahl des Premierministers zumindest fraglich
geworden. Die Oligarchen haben diese Runde jedenfalls für sich entschieden.
Mehr Transparenz und Rechtstaatlichkeit dürfte nicht in ihrem Interesse sein.
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